ENGERS. -svm- Vor zwei Wochen läuteten die Glocken der Kirche St. Martin Engers und St. Georg Urmitz, um an die Sprengung der Kronprinz-Wilhelm-Brücke am 9. März 1945 zu erinnern. Zum exakten Zeitpunkt der Sprengung vor 72 Jahren wurde erstmals an der Gedenktafel am Brückenpfeiler der Opfer der Sprengung gedacht (wir berichteten).

Die Gedenktafel konstatiert eindeutig, dass zahlreiche deutsche Soldaten auf dem Rückzug vor den amerikanischen Truppen bei der Sprengung getötet wurden. Dennoch gibt es immer wieder Stimmen, die bezweifeln, dass Menschen bei der Brückensprengung verletzt wurden oder umgekommen sind. Immer wieder kommt es zu heißen Diskussionen über die gegensätzlichen Aussagen von Augenzeugen.
Werner Johann Keßler sprach bei der Gedenkfeier zu den Anwesenden führte in seiner Rede aus: „Wir stehen hier, weil wir nicht verdrängen wollen, weil wir erinnern und mahnen wollen. Sich wahrheitsgemäß zu erinnern, tut oft weh.“
Mehrere Augenzeugen berichteten der Neuwieder Rundschau, dass sich zur Zeit der Sprengung keine Menschen auf der Brücke befanden. Simon Birrenbach beispielsweise befand sich am 9. März 1945 nach eigener Aussage in unmittelbarer Nähe zur Kronprinz-Wilhelm-Brücke und ist sich sicher, dass zum Zeitpunkt der Sprengung lediglich ein Fahrzeug ohne Insassen auf der Brücke gestanden habe (siehe NR vom 15. März).
Die Initiativgruppe für die Gedenktafel möchte jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, dass es keinen Zweifel daran gebe, dass sich zum Zeitpunkt der Sprengung Menschen auf der Brücke befunden hätten und wandte sich mit diesem Brief an die Neuwieder Rundschau: „Wir von der Initiativgruppe zur Errichtung der Gedenktafel am Pfeiler der Brücke verstehen nicht, dass es immer noch Menschen gibt, die zweifeln, dass es Tote und Verletzte gab. Es gibt in unserer näheren Umgebung noch vier Augenzeugen, davon waren zwei beim Gedenken dabei, die die Sprengung gesehen haben, darunter Hermann Reiff aus Güls. Er berichtete nochmals, dass die Brücke wegen der Sprengung gesperrt war, doch dass sein Oberleutnant mit vorgezogener Pistole die Soldaten an der Sperre zwang, die Hindernisse zu beseitigen, um noch schnell über die Brücke zu kommen. Hinter ihnen drängten sich dann andere Soldaten und Zivilpersonen auf die Brücke, die dann auch Opfer der Sprengung wurden. Sein Zug konnte gerade noch vor der Sprengung das Engerser Ufer erreichen. Die wenigen Zweifler wurden von uns kontaktiert. Keiner befand sich um 7.30 Uhr direkt an der Brücke, sondern in Sayn bzw. auf dem Gelände der späteren Firma Rau. Sie konnten nicht wissen, dass die Brücke noch einmal passiert wurde und gingen in Unkenntnis davon aus, dass die Brücke leer sei. Auch der langjährige Urmitzer Bürgermeister, damals 14 Jahre alt, bestritt Opfer. Aber er war nach Befragen um 7.30 Uhr im Keller seines Elternhauses. Der amerikanische General Albin F. Irzyk, den ich vor zwei Jahren in West Palm Beach, Florida befragte, war nur einen Kilometer von der Brücke entfernt. Er hatte den Befehl, diese unzerstört einzunehmen. Er hatte mich am 19. Februar 2017 zu seinem 100. Geburtstag eingeladen und wiederholte: „Die Brücke wurde gesprengt voller Menschen und Material, ein Anblick, der sich nie wiederholen wird und auch nicht verstanden werden kann.” – „Ja, sich erinnern tut oft weh und viele, die sich nicht erinnern wollen, verdrängen die unangenehmen Tatsachen der Vergangenheit“, so Werner Johann Keßler.